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Die Lippe

Breiter träger Fluss in ebenem Gelände, Wiesen, Bäume, Himmel

Das Lippegebiet – von der Wildnis zur Kulturlandschaft und zurück

Die Lippe ist ein 220 km langer Nebenfluss des Rheins mit einem überwiegend landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebiet von 4.882 km². Sie entspringt in Bad Lippspringe am Südrand des Teutoburger Waldes und mündet bei Wesel in den Rhein. Die Lippe ist ein typischer Flachlandfluss mit einem sehr geringen Gefälle.

Gebietsbeschreibung Lippe

Ursprünglich war die Lippe durch Mäander und Altwässer sowie durch Sand- und Kiesbänke gekennzeichnet. Der Fluss war ständig in Bewegung. Hochwasser veränderten sein Aussehen und seinen Lauf. Die Naturlandschaft der Aue bestand aus Au- und Bruchwäldern, Röhrichten, Hochstaudenfluren, sumpfigen und grasigen Bereichen – ein typischer Tieflandfluss.

Doch schon die Römer nutzten den Lippelauf als Transportweg. Seit dem späten Mittelalter bereits wurde der Fluss reguliert und begradigt, seine Ufer befestigt und eingedeicht. Infolgedessen schnitt sich die Lippe ungewöhnlich tief in die Landschaft ein, da ihr die natürliche Entwicklungsmöglichkeit in die Breite genommen wurde.

Schmaler Bach mit begrüntem Ufer, ebenes Gelände, Wiesen, Acker, Bäume Himmel
Der Rüstebach – ein Gewässer im landwirtschaftlich genutzten Raum. Quelle: LANUV

Im Oberlauf landwirtschaftlich, im Unterlauf urban geprägt

Heute ist das obere Einzugsgebiet der Lippe im Wesentlichen landwirtschaftlich geprägt und nur dünn besiedelt. Daher sind die Lippe, aber auch viele ihrer Nebengewässer, hier hohen Nährstoffeinträgen, insbesondere Phosphor aus der Landwirtschaft, ausgesetzt. Ihr Gewässerbett ist unnatürlich ausgebaut und die Durchgängigkeit ist von Wehren und Kulturstauen unterbrochen.

Etwa ab Hamm nimmt die urbane und industrielle Prägung deutlich zu. Entsprechend ändern sich auch die Belastungen. Hier am Nordrand des industriellen Ballungsraums ist die Lippe zu großen Teilen eingedeicht und durch Wehre gestaut. Fischarten, die auf eine gute Anbindung der Auengewässer angewiesen sind, fehlen daher.

Verbindung zu den Kanälen

Eine Besonderheit sind im Lippeeinzugsgebiet die großen Kanäle, die als künstliche Wasserstraßen die Flussgebiete Rhein, Weser und Ems verbinden und Wege bis zu Nordsee, Elbe und Oder eröffnen. Zur Speisung des westdeutschen Kanalnetzes wird der Lippe am Wehr Hamm Wasser entnommen – in Trockenzeiten muss sie wiederum mit Kanalwasser angereichert werden. Da der Datteln-Hamm-Kanal die Lippe auf ihrer Südseite begleitet, müssen alle südlichen Zuflüsse ihn in Rohrleitungen, sogenannten Dükern, unterqueren. Da der Kanal eine wichtige Schifffahrtsstraße ist, ist diese Situation langfristig nicht zu ändern.

Einfluss des Bergbaus

Der von der Ruhr im Laufe der Jahrhunderte nach Norden gewanderte Bergbau prägt die Lippe und viele ihrer Zuläufe noch heute. Durch den Bergbau verursachte Geländesenkungen führten dazu, dass etliche Nebenläufe der Lippe über Pumpwerke gehoben werden müssen. Diese Poldergebiete im Bereich von Hamm bis Dorsten müssen zudem vor Hochwasser geschützt werden. Der Unterlauf der Lippe und viele ihrer Nebengewässer, wie Ahse, Seseke oder Wienbach sind daher eingedeicht. Ähnlich wie im Emschergebiet waren viele dieser Zuläufe zu Schmutzwasserläufen ausgebaut, die in eintönigen Betonprofilen ungeklärtes Abwasser führten.

Wasserlauf über ein Wehr, dicke Rohre, Mauer, Baum, Zweige, Blätter
Pumpwerk am Hammbach. Quelle: LANUV

 

Erwärmung und stoffliche Belastung

Die Sümpfungswässer aus dem Steinkohletagebau, die in die Lippe eingeleitet werden, erhöhen die Salzkonzentrationen zwischen Dorsten und Hamm. Durch die Einleitung von erwärmten Kühlwässern aus den Kraftwerken wird schließlich auch der Temperaturhaushalt der Lippe verändert. Dies kann dazu führen, dass auf kühle Gewässer angewiesene Fischarten hier nicht mehr leben können. Zu diesen Belastungen gesellen sich noch Stoffeinträge von organischen Industriechemikalien, Metallen und Arzneimitteln hinzu, die typischerweise aus den Kläranlagen oder Kanalnetzen des dicht besiedelten Ruhrgebiets mit seinen Industrien in die Gewässer eingetragen werden.

All diese Einflüsse spiegeln sich auch in den biologischen Bewertungen der Gewässer wider. Erst sehr wenige Wasserkörper zeigen einen guten ökologischen Zustand – davon kein einziger im Gebiet von Lippborg bis Wesel.

Schritte zur Verbesserung der Gewässer

Aber es ist bereits viel unternommen worden, um das zu ändern. Zur Verbesserung der Gewässerlebensräume wurden in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen an der Lippe selbst und an ihren Nebenläufen umgesetzt. Vor allem bei den großen Renaturierungen, die seit den 1990er Jahren im Rahmen des Lippeauenprogramms im ländlichen Teil der Lippe durchgeführt wurden, stand dabei auch ein enger Verbund mit den Zielen des Naturschutzes im Vordergrund. Diese Maßnahmen zeigen bereits deutliche Erfolge. Bis sich diese Erfolge in der Bewertung des ökologischen Zustands widerspiegeln, braucht es nun noch etwas Zeit.

Mit der Umsetzung des Seseke-Programms wird seit den 1990er Jahren das Abwasser der Seseke und ihrer Zuläufe in geschlossenen Kanälen abgeführt. Die technisch ausgebauten Gewässer wurden Zug um Zug naturnäher gestaltet. Die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften hat sich in diesen Bereichen bereits erheblich verbessert. Für die Bevölkerung haben diese Gewässer nun wieder einen hohen Freizeitwert.

Ein ökologisch besonders bedeutsames Vorhaben wurde in den letzten fünf Jahren an der Lippemündung verwirklicht. Auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Land NRW, dem Kreis und der Stadt Wesel, dem Lippeverband und anderen Akteuren wurde der Mündungsbereich der Lippe naturnah umgestaltet. Dieses vom Land NRW finanzierte Großprojekt beinhaltete die Verlegung des Flusses, die Absenkung der nördlichen Auebereiche und die Verfüllung von Abbauflächen zur Herstellung der Aue im Süden. Unter dem Einfluss des natürlichen Hochwassers von Lippe und Rhein sollen sich hier natürliche Auenwiesen entwickeln, die außerdem noch eine wichtige Funktion als Hochwasserrückhalteraum erfüllen können.

Breiter träger Fluss in ebenem Gelände, Wiesen, Bäume, Industriegebäude am Horizont, Himmel
Die renaturierte Lippemündung. Quelle: LANUV