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Gebietsbeschreibung

Breiter träger Fluss in ebenem Gelände, Wiesen, Bäume, Himmel

Das Erfteinzugsgebiet – beeinflusst vom Braunkohletagebau

Das Quellgebiet der Erft liegt südlich von Bad Münstereifel in der Osteifel. Die Erft durchfließt die Niederrheinische Bucht und mündet im Niederrheinischen Tiefland bei Neuss in den Rhein. Der Braunkohlebergbau beeinflusst die Gewässer im Gebiet.

Braunkohletagebau Hambach. Quelle: DIE GEWÄSSER-EXPERTEN!

An den Gewässern im Erft-Einzugsgebiet sind die Auswirkungen des Braunkohlebergbaus deutlich erkennbar. Unterhalb von Erftstadt wird Sümpfungswasser in die Erft eingeleitet, das die Wassertemperatur verändert und die Wassermenge in der Erft stark erhöht. Kombiniert mit dem Ausbau der Gewässer führten die unnatürlich hohen Wassermengen zu einer drastischen Veränderung von Sohl- und Uferstrukturen. Tierarten, die natürlicherweise in diesen Gewässern leben würden, finden deshalb keinen Lebensraum mehr. Eigentlich typische Fischarten, wie zum Beispiel Äsche und Barbe, kommen nur noch selten vor. Dazu trägt auch die erhöhte Wassertemperatur bei, welche wiederum pflanzlichen und tierischen Neubürgern gute Lebensbedingungen bietet. Diese sogenannten Neophyten und Neozoen verdrängen jedoch heimische Arten und wirken sich somit nachteilig auf die Biodiversität in unseren Gewässern aus.

Das Abpumpen des Grundwassers für die Tagebaue hat dazu geführt, dass die Grundwassermengen dem geforderten guten Zustand nicht mehr entsprechen und darüber hinaus viele Nebengewässer der Erft den Anschluss an das Grundwasser verloren haben. In einigen Gebieten, zum Beispiel im Bereich der Swist, fallen die Bäche sogar regelmäßig über längere Perioden trocken. Hier gehen die Lebensräume aufgrund des fehlenden Wassers verloren. Außerdem ist dadurch die Vernetzung mit der Aue verloren gegangen, sodass sich typische Feuchtlebensräume hier nicht mehr entwickeln können.

Der Finkelbach mit intensiv landwirtschaftlich genutztem Umland. Quelle: Bezirksregierung Köln

Zwei Drittel der Flächen im Erft-Einzugsgebiet werden landwirtschaftlich genutzt. Um dies zu ermöglichen, wurden in den vergangenen Jahrhunderten Be- und Entwässerungssysteme geschaffen und der Abfluss reguliert. Dazu wurden Gewässer verlegt, begradigt und befestigt. Zudem führte der Bau von Wehren im Zuge der Wasserregulierung zu einer verminderten Durchgängigkeit der Gewässer.

Die strukturellen Veränderungen spiegeln sich deutlich in den Bewertungen der biologischen Qualitätskomponenten wider. In den meisten Gewässerabschnitten ist der ökologische Zustand bei der biologischen Bewertung bisher maximal mäßig.

Die Ergebnisse der chemischen Bewertungen sind durch Einträge von Schwermetallen im Raum Mechernich geprägt. Obwohl die großindustrielle Bleierzgewinnung am Mechernicher Bleiberg bereits im Jahr 1957 eingestellt wurde, ist sie bis heute Hauptquelle dieser für Gewässer schädlichen Stoffe. Mit versickertem Niederschlagswasser gelangen die Schwermetalle über den Burgfeyer Stollen in die Oberflächengewässer. Derzeit sind Maßnahmen in Planung, um diese Bleiausträge in die Gewässer so weit wie möglich zu reduzieren.

In den letzten Jahren wurden auch erste Gewässerabschnitte renaturiert, Kläranlagen saniert und Regenüberlaufbecken neu gebaut. Weitere Maßnahmen werden geplant und umgesetzt.

Wo die Gewässer zu wenig Wasser führen, reicht der Rückbau von Ufer- und Sohlbefestigungen nicht aus. Wenn die modellierende Kraft des Wassers fehlt und sich typischer Uferbewuchs wegen der zu geringen Bodenfeuchte nicht ansiedeln kann, ist eine eigendynamische Entwicklung der Gewässer nicht ohne weiteres möglich. Auch im gegenteiligen Fall, dort, wo die Wassermenge durch die Sümpfungsmaßnahmen stark erhöht ist, kann heute noch kein Gewässerlauf gestaltet werden. Nach Abstellen der Pumpen hätte der Fluss dann in Zukunft ein viel zu breites Bett.

Die Erft nahe des Kentener Vogelwäldchens bei Bergheim. Quelle: Gabriele Enkirch-Schmidt

Die Maßnahmenplanung richtet sich daher langfristig an der Einstellung des Braunkohletagebaus und den geänderten Wassermengen aus. Außerdem müssen sowohl die gewerblichen Nutzungen als auch die Siedlungsstrukturen, die damals mit dem Ausbau der Erft ermöglicht wurden, erhalten bleiben. Deshalb wurde 2004 das „Perspektivkonzept Erft“ erstellt. Es zeigt auf, wie der 50 km lange Erft-Abschnitt zwischen Bergheim und Neuss in den kommenden ca. 40 Jahren sukzessive wieder naturnah umgestaltet wird und welche Maßnahmen in welcher zeitlichen Abfolge hierfür erforderlich sind. Im Jahr 2008 haben das Land NRW, die RWE Power AG und der Erftverband eine Rahmenvereinbarung zur Umsetzung des Perspektivkonzepts geschlossen. Die Renaturierung wird ca. 70 Millionen Euro kosten und zu 75 % vom Land finanziert. Die verbleibenden Kosten werden etwa jeweils zur Hälfte vom Erftverband und von RWE Power getragen. Beispiel für eine bereits abgeschlossene Maßnahme aus dem Perspektivkonzept ist die Erftverlegung nahe des „Kentener Vogelwäldchens“ bei Bergheim.

 

Detaillierte Beschreibungen der Planungseinheiten sowie die Bewertungen von Grund- und Oberflächenwasserkörpern finden Sie in den Planungseinheiten-Steckbriefen.