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16. Gewässerkonferenz in OWL: Einblick in den Landschaftswasserhaushalt

Ein gruppen bild der Referierenden bei der Gewässerkonferenz 2023

Die sechzehnte Gewässerkonferenz am 22. November lockte mit dem Thema „Einblick in den Landschaftswasserhaushalt“ Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Kreisen und Verbänden und interessierte Bürgerinnen und Bürger an. Die Veranstaltung fand in diesem Jahr erstmalig als Hybrid-Veranstaltung statt. Abteilungsleiter Lutz Kunz begrüßte mehr als 100 Teilnehmer/-innen in Präsenz und über 200 Interessierte - online - an den Bildschirmen.

Die Gewässerkonferenz 2023 skizzierte die geschichtliche Entwicklung des Landschaftswasserhaushaltes, zeigte Auswirkungen des Klimawandels und brachte Beispiele zur Wiederherstellung eines naturnahen Wasserhaushaltes. Einen Überblick über weitere Inhalte und den Ablauf gibt der Programmflyer.

Inhalte der Veranstaltung
Wetterextreme nehmen zu. Auf der einen Seite haben wir es mit anhaltenden Hitze- und Trockenperioden und sinkenden Grundwasserständen zu tun. Auf der anderen Seite häufen sich Unwetter mit Starkregen. Die große Aufgabe, vor der wir zukünftig stehen, ist es, mit diesen Extremen besser umzugehen.

Im Rahmen der Gewässerkonferenz widmeten sich die Referierenden der historischen Entwicklung und den Auswirkungen der Entwässerung und Maßnahmen zur Wiederherstellung eines naturnahen Wasserhaushaltes. Aber auch die Ermittlung nutzbaren Grundwasserdargebotes wurde thematisiert. Darüber hinaus wurden lokale Projekte vorgestellt, die punktuell den natürlichen Landschaftswasserhaushalt verbessern.

Lutz Kunz, Abteilungsleiter Umwelt und Arbeitsschutz, Bezirksregierung Detmold
 

Das Jahr 2023 zeigte sich wieder als ein Jahr der Extreme – weltweit, aber auch in Europa. Langanhaltende Trockenheit und verheerende Waldbrände auf der einen, außergewöhnliche Starkregenereignisse und Überflutungen auf der anderen Seite. Die große Aufgabe, vor der wir zukünftig stehen, ist es, mit diesen Extremen besser umzugehen. Gut ist, wenn Warnsysteme funktionieren und alle wissen, was zu tun ist, viel besser ist es aber, wenn wir mit entsprechender Vorsorge starke Schäden vermeiden können.

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie enthält auch mit Blick auf den Landschaftswasserhaushalt und das Grundwasser wichtige Regelungen. Bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben geht es nicht nur um die Verbesserung der Wasserqualität und der Gewässerstrukturen, sondern durch Reaktivierung von Gewässerauen auch um die Regulationsfähigkeit des Landschaftswasserhaushaltes.

Michael Neuhaus, Leiter der WRRL-Geschäftsstelle bei der BR Detmold

Ziel der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist es, alle Gewässer in einen guten Zustand zu versetzen. Um dies zu erreichen, ist seit Ende 2021 der dritte Bewirtschaftungsplan mit Maßnahmenprogramm in Kraft getreten. Der Bewirtschaftungsplan umfasst alle Programmmaßnahmen, die nach aktuellem Kenntnisstand notwendig sind, um eben diesen guten Zustand an den Gewässern in Ostwestfalen-Lippe zu erreichen (Vollplanung). Eine besondere Herausforderung stellt hierbei die zunehmende Trockenheit von Gewässern dar.

Um den Fortschritt bei der WRRL zu dokumentieren, werden die laufenden und umgesetzten Verbesserungsmaßnahmen jährlich erfasst. Dadurch ist es möglich, die Fortschritte auch in Form von Übersichtskarten anschaulich darzustellen. Bereits jetzt gibt es die Möglichkeit, sich die Maßnahmenübersichten im Regierungsbezirks Detmold im wasserwirtschaftlichen Fachportal ELWAS Web darstellen zu lassen. 

Joachim Drüke, Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V. 

Die Landschaftsgeschichte Mitteleuropas ist seit dem Mittelalter auch eine Geschichte ihrer Entwässerung. Es galt den Nährstoffreichtum der Fluss- und Bachauen nutzbar zu machen, Landwirtschaft zu ermöglichen und vom Wettergeschehen unabhängiger zu machen. Bäche und Flüsse wurden begradigt und eingetieft, tieften sich durch künstlich ausgelöste Sohlerosion selber ein, wurden ausgebaut zu Vorflutern für ein stetig wachsendes Netz von Entwässerungsgräben. Im 20. Jahrhundert schließlich erfassten die Maßnahmen zur Entwässerung die gesamte Landschaft und ließen auch noch so kleine feuchte Flächen nicht unberührt. Doch erst die wiederkehrenden Dürren der jüngsten Vergangenheit und ihre Folgen haben das Thema „Landschaftswasserhaushalt“ in das Bewusstsein Vieler gebracht.

Der Vortrag skizziert die geschichtliche Entwicklung, erläutert anhand der Lippeaue die Auswirkungen der Entwässerung und bringt Beispiele dort umgesetzter Maßnahmen zur Wiederherstellung eines naturnahen Wasserhaushaltes.


 

Klemens Fuhrmann, Leiter Untere Wasserbehörde Kreis Minden-Lübbecke
 

Der Grundwasserstand hängt von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussgrößen ab. Die sich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen wirken sich durch höhere Verdunstungsraten und Änderungen in Niederschlagsmenge und -verteilung auf die Grundwasserneubildung aus. Gleichzeitig hat eine möglicherweise höhere Wassernutzung, beispielsweise für Bewässerungszwecke, Auswirkungen auf den Grundwasserstand.

Die untere Wasserbehörde des Kreises Minden-Lübbecke möchte eine belastbare Datengrundlage haben, welche Grundwassermenge bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Grundwasserkörper aktuell und zukünftig für die gesamte Wasserversorgung genutzt werden kann. Nach den rechtlichen Vorgaben in der Grundwasserverordnung (GrwV) ist der mengenmäßige Grundwasserzustand insbesondere dann gut, wenn die langfristige mittlere jährliche Grundwasserentnahme das nutzbare Grundwasserdargebot nicht übersteigt. Die Ermittlung des nutzbaren Grundwasserdargebotes ist der wesentliche Bestandteil der Pilotstudie. Nach derzeitigem Stand können die Arbeiten zur Erstellung der Studie Anfang Dezember 2023 beginnen. Der Abschlussbericht soll Ende 2024 vorgelegt werden. Die Erstellung der Pilotstudie wird durch einen Arbeitskreis begleitet, dem Vertreter/-innen des Auftraggebers (Kreis Minden-Lübbecke), des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW), des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) und der Bezirksregierung Detmold angehören werden.

Daniël Nieuwenhuis, Gebietsmakler programma Elke druppel de grond in, Waterschap Rijn en Ijssel (Niederlande)

Das Klima verändert sich. Wir erleben zunehmend extreme Wetterbedingungen. Seit 2018 versucht das Projekt Elke druppel de grond in (deutsch: Jeder Tropfen in den Boden) des Wasserverbandes Rijn en Ijssel gemeinsam mit Grundstückseigentümern so viel Wasser wie möglich zurückzuhalten. Das Projekt arbeitet dabei mit verschiedenen Akteuren auf lokaler Ebene eng zusammen. Dabei geht es auch um Wissenstranfer; über das Wassersystem, den Boden und die Landnutzung. Das Projekt lenkt den öffentlichen Diskurs auf das Thema Dürre und ergreift Maßnahmen, um das Wasser länger in der Landschaft zu halten.

Volker Karthaus, Geschäftsführer Wasserverband Obere Lippe

Ziel des Vortrags ist es, das Fachpublikum auf die vielfältigen Entwässerungsstrukturen aufmerksam zusammen und Maßnahmenbeispiele für die Wiedervernässung zu erläutern. Anhand von Umsetzungsbeispielen zum Thema Drainagerückbau zur Wiedervernässung von Niedermooren und Quellbereichen wird die flächige Wirksamkeit der Maßnahmen aufgezeigt.

Des Weiteren werden Projekte zur Wiedervernässung von Erlenbrüchen im Zusammenhang mit Grabenrückbau und Gewässerrenaturierung vorgestellt und auf das Pilotprojekt Schwammwald des Kreises Soest im Arnsberger Wald hingewiesen. Wie umfangreich und detailliert die Arbeiten zum vollständigen Rückbau von Entwässerungsstrukturen sind, wird abschließend am Beispiel der Alme-Auenrenaturierung (40 ha) in Büren Ringelstein erläutert.